Wenn Kinder lachen, gemeinsam über die Wiese laufen und aus Ästen kleine Häuser bauen, dann ist Sommergruppen-Zeit im Zentrum für Entwicklungsförderung (ZEF) in der Lieblgasse. Seit einigen Jahren gibt es dieses besondere Angebot: Vier Tage lang waren Lisa Doppelbauer, Elisabeth Ritter und eine weitere Kollegin diesen Sommer mit sechs Kindern draußen –im Grünen Prater und im Donaupark – um miteinander zu spielen, Neues auszuprobieren und Erfahrungen im sozialen Miteinander zu sammeln.

Für die Outdoorgruppe haben wir mit zwei Therapeutinnen aus der Lieblgasse gesprochen: Lisa Doppelbauer(Ergotherapeutin) und Elisabeth Ritter (Physiotherapeutin).

„In der Outdoorgruppe finden die Kinder ihren Platz in einer Gruppe“, erklärt Lisa. „Es geht um Fragen wie: Wie traue ich mich einzubringen? Wie halte ich Regeln ein? Wie gehe ich mit einem möglichen Konflikt um?“

Elisabeth ergänzt: „Es ist ein ganz anderes Setting als direkt an unserem Standort in der Lieblgasse, man lernt die Kinder viel unmittelbarer kennen als im Therapieraum. Über einen Baumstamm zu balancieren wirkt einfach natürlicher als über eine Turnbank, und die Kinder sind dabei hoch motiviert.“

Natur als Spielplatz
Die Natur ist der beste Spielplatz: Bäume, Wiesen und Äste regen die Fantasie an – und bieten unzählige Möglichkeiten, kreativ zu werden. Mal entsteht aus Stöcken eine Kugelbahn, mal werden kleine „Häuser“ aus Naturmaterialien gebaut. In den Häusern können sich die Kinder dann in Folge auch gegenseitig besuchen. „Wir hatten auch ein Fühlmemory mit Naturmaterialien. Die Kinder sollten Dinge erfühlen, die sie vorher gesehen haben“, erzählt Elisabeth.

Neben vorbereiteten Bewegungsspielen dürfen die Kinder auch selbst entscheiden, was gespielt wird. „Jedes Kind darf sich im Laufe der Tage ein Spiel wünschen – und das kommt dann fix dran. Diese Mitsprache motiviert sehr“, so Lisa. Und selbst wenn einmal Ruhe einkehrt, ist das kein Problem: „Wir hatten noch nie die Situation, dass ein Kind gesagt hat: ‚Mir ist langweilig‘“, lacht sie.

Die Tage folgen einem klaren Ablauf: Begrüßungsrunde, Bewegungsspiel, Jause, Freispiel, ein Naturthema oder eine kreative Aufgabe und am Ende Erholung mit sanften Übungen wie Rückenzeichnen, und schließlich die gemeinsame Rückfahrt. Struktur gibt Sicherheit – gleichzeitig bleibt viel Raum für Spontanes.

Konflikte als Lernchance
Gerade wenn Kinder mehrere Tage lang intensiv zusammen sind, prallen unterschiedliche Bedürfnisse und Temperamente aufeinander. Aber genau darin liegt der Wert der Outdoorgruppe.

„Wenn Schwierigkeiten auftauchen, begleiten wir die Kinder dabei, Lösungen zu finden. Sie lernen, ihre Gefühle zu benennen, und entwickeln Strategien, wie sie mit Ärger oder Frust umgehen können“, sagt Lisa. Manchmal braucht es eine kurze 1:1-Begleitung, um Emotionen abzufangen. Oft hilft auch die Gruppe selbst, indem Kinder füreinander Lösungen vorschlagen oder sich gegenseitig unterstützen.

Elisabeth betont: „Das Schöne ist, dass die Kinder am Ende selbst sagen, wie entspannt und interessant die Tage für sie waren. Viele erzählen, dass sie es cool finden, draußen zu spielen – und merken, dass sie gar nicht viel brauchen, um Spaß zu haben.“

Auch für die Eltern ist es interessant zu hören: Was hat sich in den vier Tagen gezeigt? Welche Entwicklung konnten die Therapeutinnen beobachten? Wie lassen sich die Erfahrungen in den Alltag übertragen? Für viele Familien ist es bereichernd zu hören, welche Stärken ihr Kind in einem Gruppensetting entfaltet hat.

Warum es Freude macht, im ZEF zu arbeiten
Mit Lisa haben wir auch über ihren beruflichen Werdegang und die Arbeit im ZEF gesprochen. Ergotherapie hat sie über einen persönlichen Bezug in der Familie kennengelernt – und ist nach ihrem Studium direkt ins ZEF eingestiegen. „Ich habe schon während der Ausbildung zur Ergotherapeutin ein Praktikum im sechsten Semester im Zentrum für Entwicklungsförderung in der Langobardenstraße gemacht und gesehen, wie besonders hier gearbeitet wird. Dass ich jetzt Teil des Teams bin, fühlt sich richtig an.“

Was sie besonders schätzt, ist die Abwechslung: Jedes Kind bringt eine eigene Geschichte mit, jede Familie andere Fragestellungen. „Es gibt nicht ein Konzept, das für alle passt. Wir formulieren die Ziele gemeinsam, das ist manchmal herausfordernd, aber auch genau das, was meine Arbeit spannend macht.“

Das interdisziplinäre Miteinander ist für Lisa ein großer Pluspunkt: Ergotherapeut:innen, Physiotherapeut:innen, Psycholog:innen, Logopäd:innen, Heilpädagog:innen, Musiktherapeut:innen, Psychotherapeut:innen, Ärzt:innen… – alle arbeiten eng zusammen und bringen unterschiedliche Sichtweisen ein. „Das ist wirklich einzigartig. Man sieht so viel von den anderen und lernt ständig dazu.“

Auch die Rahmenbedingungen stimmen: facheinschlägige Fortbildungen können frei gewählt werden, Studienwünsche werden unterstützt, Arbeitszeiten lassen sich anpassen. „Ich hatte den Wunsch interprofessionelle Gesundheitsversorgung in der Pädiatrie zu studieren und wurde von Anfang an ermutigt und unterstützt – das macht viel aus“, erzählt Lisa, die gerade ihre Masterarbeit abgegeben hat und nach Bildungsteilzeit und Bildungskarenz seit 1. August wieder Vollzeit im Zentrum für Entwicklungsförderung in der Lieblgasse zurück ist.

Kleine und große Erfolge
Was den Beruf so erfüllend macht, sind oft Momente wie diese: wenn ein Kind plötzlich seine Schuhe selbst bindet, beim Klettern über sich hinauswächst oder stolz das eigene Naturhäuschen präsentiert. Manchmal ist es auch der Augenblick, in dem Eltern das Vertrauen fassen, offen über Schwierigkeiten zu sprechen – und merken, dass sie damit nicht allein sind. Viele Eltern haben das Gefühl zu wenig zu machen oder etwas falsch zu machen und öffnen sich erst, wenn sie merken, dass sie bei uns nicht verurteilt, sondern positiv gestärkt werden.

„Das sind die Augenblicke, die zeigen: Es lohnt sich, gemeinsam dranzubleiben“, sagt Lisa.

Bewegung auch abseits der Arbeit
Auch abseits der Therapie spielt Bewegung für Lisa eine wichtige Rolle. Sie fährt täglich mit dem Fahrrad zur Arbeit – ein Ritual, das für sie mehr ist als nur ein praktisches Fortbewegungsmittel. „Das Radfahren gibt mir einen guten Ausgleich: Am Morgen habe ich Zeit, mich innerlich auf den Tag einzustimmen, und am Abend kann ich das Erlebte gut hinter mir lassen“, erzählt sie. Dieser kleine Alltagsmoment trägt wesentlich dazu bei, Beruf und Privatleben in Balance zu halten.

Ein Job mit Sinn – und Freude
Ob auf einer Decke im Donaupark oder im Therapieraum in der Lieblgasse: Im Zentrum für Entwicklungsförderung geht es darum, Kinder und Familien auf ihrem Weg zu begleiten. Mit Herz, Expertise und Freude an der Zusammenarbeit.

„Es ist manchmal fordernd, aber immer bereichernd. Ich lerne täglich von den Kindern und vom Team – das macht den Job so besonders“, fasst Lisa zusammen. Elisabeth nickt: „Und man merkt, dass die Kinder genauso davon profitieren – sie gehen gestärkt nach Hause.“